R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
 
 
Weller, ZHR 189 (2025), Heft 02-03, Beilage, 8-11
Weller 

Grußwort des Prorektors

Marc-Philippe Weller*

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Weggefährten und Freunde von Peter Ulmer, vor allem aber: sehr geehrte, liebe Familie Ulmer,

es ist mir eine besondere Ehre, Sie namens des Rektorats der Universität Heidelberg zum akademischen Gedächtnissymposium im Andenken an unseren Altrektor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Ulmer begrüßen zu dürfen!

Peter Ulmer wurde 1991 in das Amt des 745. Rektors der Ruperto Carola – der ältesten Universität der Republik – gewählt.

Er war – dies lässt sich rückblickend zweifelsfrei sagen – einer der großen Rektoren. Er legte den Grundstein für die Weiterentwicklung der Universität ins neue Jahrtausend, setzte Impulse, die bis in die heutige Exzellenzuniversität fortwirken. Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele geben.

1. Stärkung der Forschung

Peter Ulmer trug maßgeblich zur Stärkung der Forschungsinfrastruktur bei und förderte die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Er griff damit die lange Tradition der Universität Heidelberg als comprehensive research university, als volluniversitäre Forschungsuniversität, auf.

Ulmer sah damals bereits weitsichtig das Potential der molekularen Biologie, der Lebenswissenschaften und des Interdisziplinären Zentrums für wissenschaftliches Rechnen (IWR). Die Biologie und die Lebenswissenschaften gehören heute zur weltweiten Spitzengruppe und zusammen mit dem IWR konnte aus ihnen im Jahr 2021 eine neue Fakultät für Ingenieurwissenschaften ausgegründet werden. Es handelt sich dabei nicht um klassische Ingenieurwissenschaften wie Maschinenbau, sondern um ein futuristisches Unikat, das molecular systems engineering betreibt. Geforscht wird etwa an Biohybriden, also an der Verbindung von zellulärem Leben mit toten, kohlenstoffbasierten Materien. Peter Ulmer konnte die Biohybride damals sicher noch nicht vorhersehen, aber er hat durch kluge Stärkung der Grundlagenfächer die Voraussetzungen geschaffen, dass zukunftsträchtige Disziplinen erblühen konnten.

Er initiierte die Kooperation mit dem damaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe und der dortigen Technischen Hochschule. Diese Institutionen sind heute zum KIT, dem Karlsruhe Institute for Technologie, einer Universität des Bundes, fusioniert. Mit dem KIT haben wir heute engste Kooperationen, auch in Jura. Das gemeinsame Exzellenzcluster mit dem KIT sicherte uns in der letzten Runde der Exzellenzstrategie den Exzellenzstatus.

ZHR 189 (2025), Heft 02-03, Beilage S. 8 (9)

Zu den Höhepunkten des Rektorats Ulmer gehörte ein Boost in der Drittmitteleinwerbung. Die Universität Heidelberg hatte während seiner Amtszeit 14 DFG-Graduiertenkollegs – ein bis heute unerreichter Wert in Deutschland. Auch ein Kolleg in Jura unter Federführung der Kollegen Hommelhoff und Müller-Graff gehörte dazu.

2. Internationalisierung

Peter Ulmer trieb auch die Internationalisierung der Universität voran, indem er weitere Kooperationen mit ausländischen Universitäten initiierte und bestehende Partnerschaften signifikant ausbaute. Heidelberg als attraktiven Studien- und Forschungsstandort für internationale Talente stärkte er.

Die Universität Heidelberg war schon bei ihrer Gründung international – der erste Rektor war ein Niederländer, Marsilius von Inghen – und lebt bis heute von ihrer Internationalität: Wir haben mit den höchsten Anteil an ausländischen Studierenden in Deutschland. Von 30.000 Studierenden sind 6.000 aus dem Ausland, bei den 9000 Post-Docs und DoktorandInnen ist der Anteil noch höher, hier liegt er sogar bei einem Drittel.

3. Reformierung der Lehr- und Studienstrukturen

Peter Ulmer war ein Verfechter der Modernisierung von Studienplänen, um den Studierenden eine praxisnähere und zeitgemäße Ausbildung zu bieten. Das Grundstudium ließ er auf Empfehlung einer Kommission hin “entrümpeln” und auf vier Semester verkürzen. Nur dadurch konnte die damals hohe Zahl an Studierenden bewältigt werden.

Er war derjenige, der den Numerus clausus in zahlreichen Studiengängen einführte, machte sich damit natürlich bei vielen unbeliebt, sicherte so aber die hohe Qualität der Studierenden.

Seine meistdiskutierte Haushaltsentscheidung des Jahres 1994 war, Hiwi-Mittel als Honorar für effiziente Lehre zu vergeben. Die Geistes-/Sozialwissenschaften liefen Sturm, bissen bei Ulmer aber auf Granit.

Peter Ulmer führte Maßnahmen ein, um die Betreuung und Förderung der Studierenden zu verbessern. Er setzte sich für eine persönliche und intensive Betreuung ein. Ergänzend richtete er eine Stellenpool zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft ein.

4. Finanzielle Sicherung und Effizienzsteigerung

Eine zentrale Herausforderung während seiner Amtszeit war es, die knappen finanziellen Ressourcen der Universität effizient zu verwalten und gleichzeitig die Qualität in Lehre und Forschung zu sichern. Er hatte die zündende Idee, alle Abschlussprüfungen, die innerhalb der Regelstudienzeit erfolgten, inneruniversitär mit 3000 DM zu prämieren. Das kam bei einigen, etwa Lang-ZHR 189 (2025), Heft 02-03, Beilage S. 8 (10)zeitstudierenden und dem damaligen Verwaltungsrat, nicht gut an. Ulmer setzte sich durch und beschleunigte die Prozesse damit ungemein.

5. Modernisierung und Digitalisierung

Peter Ulmer erkannte früh die Bedeutung der Digitalisierung und technologische Innovationen für die Universitätslandschaft und leitete erste Schritte in diese Richtung ein.

Die Universität begann in seiner Amtszeit, in digitale Systeme und Netzwerke zu investieren, die die Arbeit in Lehre und Forschung langfristig verbessern sollten. Heute haben wir ein hochmodernes Universitätsrechenzentrum.

6. Stärkung der Autonomie der Universität

Peter Ulmer setzte sich für die Autonomie der Universität gegenüber staatlichen Eingriffen ein. In der Zeit seines Rektorats war die Diskussion um Hochschulautonomie und Verwaltungsreformen in vollem Gange, und Ulmer war ein entschiedener Verfechter der Eigenständigkeit der Universität in Fragen von Lehre und Forschung.

7. Hochschulpolitik und gesellschaftliche Positionierung

Als Rektor setzte er sich ferner für die gesellschaftliche Verantwortung der Universitäten ein, auch das ein bis heute hochaktuelles Thema. Er betonte, dass Universitäten nicht nur Wissensvermittler, sondern auch wichtige Impulsgeber für gesellschaftliche Entwicklungen sein sollten, was man heute als Transfer bezeichnet.

Insgesamt war die Amtszeit von Peter Ulmer als Rektor geprägt von einer klaren Vision zur Weiterentwicklung der Universität. Unter Beibehaltung der Balance zwischen Tradition und Modernisierung bereitete er die Ruperta Carola klug auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts vor.

8. Persönliche Erinnerungen

Mein Grußwort möchte ich mit wenigen kurzen persönlichen Erinnerungen beschließen:

Peter Ulmer habe ich Mitte der 90er Jahre kennenlernen dürfen. Er war ein beeindruckender Lehrer im Hörsaal. Als Student im 4. Semester hatte ich mich daher initiativ an seinem Lehrstuhl, von dem man Legendäres hörte, beworben. Was ich seinerzeit aber nicht wusste: Peter Ulmer begann seinen Arbeitstag frühmorgens, spätestens um 7.00 Uhr. Ich lebte damals in einem Wohnheim, in dem sich zehn Zimmer ein Telefon auf dem Gang teilten. Es kam, wie es kommen musste. Eines Tages klingelte um 7.00 Uhr morgens das Telefon, alle waren wach, der Rektor war dran, um mir mitzuteilen, dass an seinem Lehrstuhl gerade nichts frei sei.

ZHR 189 (2025), Heft 02-03, Beilage S. 8 (11)

Hängengeblieben ist bei mir das enorme Arbeitsethos, das Peter Ulmer Zeit seines Lebens an den Tag legte, ebenso die Wertschätzung gegenüber dem Nachwuchs: Er ließ nicht das Sekretariat absagen, sondern meldete sich persönlich.

Einige Jahre später durfte ich dann doch noch mit Peter Ulmer zusammenarbeiten. Zum einen in der Sozietät Schilling Zutt Anschütz, in der er nach seiner Emeritierung als Of Counsel eingestiegen war. Zum anderen durfte ich ihm helfen, den von ihm und Herrn Hommelhoff initiierten Arbeitskreis “Recht und Wirtschaft Nordwürttemberg/Nordbaden” zu organisieren. Die Hingabe und Sorgfalt, mit der Peter Ulmer aktuelle Themen identifizierte und dazu passgenau Referenten auswählte, sind mir bis heute ein Vorbild. Und unvergessen ist die feine Ironie, mit der er Kritik wie Lob zu verpacken wusste.

Eine letzte Erinnerung: Mitten während einer Examensvorlesung im Sachenrecht Ende der 1990er Jahre betrat ein Student der Geisteswissenschaften den Hörsaal, er hatte sich offensichtlich im Raum geirrt. Peter Ulmer indes hieß ihn willkommen: “Kommen Sie herein, junger Mann. Aber Vorsicht: Hier geht es juristisch zu.”

“Hier geht es juristisch zu.” Auch das kennzeichnete ihn, er war ein Jurist der Spitzenklasse.

Die Ruperta Carola verneigt sich vor seiner großen akademischen und wissenschaftlichen Lebensleistung.

Sie verneigt sich vor Magnifizenz Peter Ulmer.

*

Prof. Dr., Prorektor der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

 
stats