Grußworte
Grußwort des Dekans
Andreas Piekenbrock*
Altmagnifizenz Hommelhoff, meine sehr geehrten Damen und Herren,
im Namen der Juristischen Fakultät der Ruperto Carola begrüße ich Sie alle ganz herzlich in der Alten Aula unserer Universität – und mit Blick auf Peter Ulmer darf ich gewiss sagen: seiner Universität, die ihm sprichwörtlich in die Wiege gelegt worden ist. Hier war sein Vater Eugen Ulmer seit 1930 Ordinarius für deutsches und ausländisches Privat- und Handelsrecht; hier hat Peter Ulmer zuletzt studiert und 1956 sein Referendarexamen abgelegt; hier wurde er 1960 promoviert; hier hat er sich 1968 habilitiert; hier wurde er 1975 – als Nachfolger seines akademischen Lehrers! – ordentlicher Professor für Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht; hier war er von 1991 bis 1997 Rektor; hier wurde er 2001 emeritiert.
Daher hat die Juristische Fakultät hier zu einer gesellschaftsrechtlichen Veranstaltung “zum Gedenken an den Altrektor Peter Ulmer” eingeladen. Dass Sie dieser Einladung so zahlreich gefolgt und aus nah und fern nach Heidelberg gekommen sind, ist uns eine große Freude und für Peter Ulmer eine große Ehre. In dieser Feierstunde wird es bei den Gedenkworten der Schüler und Weggefährten um den Menschen Peter Ulmer gehen und im Anschluss um sein gesellschaftsrechtliches Werk. Zu beidem kann ich wenig beitragen. Den Menschen Peter Ulmer habe ich seit 2009, als ich nach Heidelberg kam, nur noch als Emeritus kennengelernt. Als ich selbst in Hamburg Jura studiert habe, war Peter Ulmer schon lange in Heidelberg. Daher habe ich Handelsrecht bei seinem Lehrstuhlnachfolger Karsten Schmidt gehört, den ich hiermit als ersten Referenten des wissenschaftlichen Teils ganz herzlich begrüße. Mit dem gesellschaftsrechtlichen Werk Peter Ulmers habe ich wissenschaftlich nur geringe Berührungspunkte. Daher freue ich mich sehr, dass nach mir Menschen sprechen werden, die den Menschen Peter Ulmer und sein gesellschaftsrechtliches Werk viel besser kennen und angemessen würdigen können.
Gestatten Sie mir aber zuvor noch einen Blick auf die Aspekte im Leben und im Werk Peter Ulmers, die neben dem Gesellschaftsrecht stehen. Seine Dissertation hat Peter Ulmer über den “Unternehmensbegriff im Vertrag über die Montanunion” geschrieben. Da lag es nahe, dass er von 1961 bis 1965 in Brüssel bei der Kommission gearbeitet hat.
Habilitiert hat er sich mit einer Arbeit zum Vertragshändler. Dieses Vertriebsmodell war und ist bekanntlich in der Kfz-Branche weit verbreitet. Schaut man in die Habilitationsschrift, kann man viel über Peter Ulmer lernen. Die Arbeit enthält am Anfang ein 90 Seiten starkes Kapitel über “Rechtstatsachen”. Ja, Peter Ulmer war zeit seines wissenschaftlichen Lebens der praktischen Rechtsanwendung eng verbunden. Daher hat er direkt nach seiner Emeritierung die Zulassung als Rechtsanwalt erworben. Am Ende seiner Habilitationsschrift plädiert Ulmer für die analoge Anwendung der Regelungen über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters auf den Vertragshändler. Der I. Zivilsenat des BGH hat in seiner Leitentscheidung zu dieser Frage auch auf die Arbeit von Ulmer zurückgegriffen (BGHZ 68, 340, 347).
Daneben berührt die Arbeit zwei weitere, für Ulmers Weg und Werk wesentliche Rechtsgebiete, auf denen der BGH später ebenfalls aus Ulmers Schriften schöpft. Zum einen begründet die klassische Markenhändlerstruktur eine Wettbewerbsbeschränkung; damit sind wir mitten im Kartellrecht als Teil des Binnenmarktrechts; Stichwort: Gruppenfreistellungsverordnungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV. Dieses Rechtsgebiet hat auch in Peter Ulmers Biographie Spuren hinterlassen. Seine Tätigkeit in Brüssel habe ich schon erwähnt; sie ist den publizierten Lebensbeschreibungen zu entnehmen. Weniger bekannt dürfte sein, dass Peter Ulmer 1979 das ehrenvolle Angebot erhalten hat, Direktor beim Bundeskartellamt zu werden und dort die Leitung der für die Nachfragemacht zuständigen Beschlussabteilung zu übernehmen. Da die überwiegende Arbeitszeit auf dieses zweite Hauptamt hätte entfallen müssen, hat er das Angebot schließlich abgelehnt. Dafür war er der Wissenschaft doch zu sehr verbunden.
Zum anderen warf der vom Hersteller vorformulierte Vertragshändlervertrag Fragen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf, das Ludwig Raiser schon 30 Jahre vorher begründet hatte. Durch seine Beschäftigung mit dem Vertragshändlervertrag hat sich auch Peter Ulmer früh mit Fragen des AGB-Rechts befasst und dann an der Entstehung des einschlägigen Gesetzes maßgeblich mitgewirkt. Auch dank seines Einflusses ist es – anders als die spätere Richtlinie 93/13/EWG – kein reines Verbraucherschutzgesetz geworden. Eine solche Beschränkung wäre im Lichte der Vertragshändlerproblematik nicht plausibel gewesen. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat dann in seiner Leitentscheidung zur Kontrolle von Vertragshändlerverträgen noch nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes auf Ulmers Habilitationsschrift zurückgegriffen (BGHZ 93, 29, 38). Soviel zum berühmt-berüchtigten Federstrich des Gesetzgebers!
Daneben hat der BGH dort auch Ulmers Kommentierung in seinem Kommentar zitiert: dem Ulmer/Brandner/Hensen (BGHZ 93, 29, 39). Das Vorwort zu diesem Kommentar stammt vom November 1976; das AGB-Gesetz selbst wurde dagegen erst am 9. 12. ausgefertigt. Ja, Peter Ulmer war immer auf der Höhe der Zeit – und manchmal auch seiner Zeit voraus. Und er hat den
Meine Damen und Herren, Sie sehen damit, wie weit gespannt und wie praktisch relevant das wissenschaftliche Œuvre Peter Ulmers war und ist. Doch soll es, wie angekündigt, im weiteren Verlauf dieses Nachmittags um sein gesellschaftsrechtliches Werk gehen – sowohl um das Personen- als auch um das Kapitalgesellschaftsrecht. Ich wünsche uns allen, dass wir dabei zu neuen Einsichten kommen – über das Werk Peter Ulmers und über den Menschen, der hinter jedem Werk steht.
* | Prof. Dr., Dekan der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. |