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WRP 2011, III
Scholz 

Bayerisches Bier – zwischen Tradition und Verbraucherinformation

Abbildung 1

Weltweit ist Bayern berühmt für sein Bier und darf als Wiege der modernen Braukunst angesehen werden. Am 23. 04. 1516 erließ Herzog Wilhelm IV. in Ingolstadt das Bayerische Reinheitsgebot, das bis heute Maßstäbe für die Bierbereitung setzt und im Jahr 2016 seinen 500. Geburtstag feiert. Trotz der strikten Begrenzung auf nur vier zulässige Rohstoffe (Wasser, Malz, Hopfen und Hefe) wird eine einzigartige Biervielfalt erzeugt. Diese Sonderstellung führte dazu, dass „nach dem Reinheitsgebot gebrautes Bier“ von der Europäischen Union als einziges Lebensmittel in Deutschland als sog. „traditionelles Lebensmittel“ geschützt wurde. Um den Ruf der Biere aus Bayern zu schützen, wurde im Juni 2001 die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ zudem als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) von der EU eingetragen. Ein sorgenfreies Umfeld, sollte man meinen. Doch weit gefehlt.

War die Einführung lebensmittelrechtlicher Pflichtangaben wie das Mindesthaltbarkeitsdatum und die Loskennzeichnung sowie die Verpflichtung, strenge Hygieneanforderungen und Konzepte zur Gewährleistung von Sicherheit für Lebensmittel und Verbraucher einzuhalten, Brauereien noch vermittelbar, ist die Branche heute Diskussionen ausgesetzt, deren Inhalte kaum nachvollziehbar sind.

Darf ein Bier noch als „bekömmlich“ ausgelobt werden oder verstößt dies bereits gegen die EU-Health Claims Verordnung? Bedarf es zur Aufklärung des Verbrauchers eines Warnhinweises aufgrund des vorhandenen minimalen Restalkohols von weniger als 0,5 Vol. % bei einem als „alkoholfrei“ bezeichneten Bier, obgleich das Bayerische Oberste Landesgericht bereits 1961 entschieden hat, dass Getränke als „alkoholfrei‘“ gelten, deren Alkoholgehalt so gering ist, dass er auf alkoholempfindliche Menschen (Kinder, Kranke) keinen feststellbaren Einfluss mehr ausübt oder befürchten lässt, und entsprechender Restalkohol auch in zahlreichen anderen Lebensmitteln vorhanden ist?

Wohin werden uns die überzogenen Forderungen nach immer mehr Transparenz von Verbraucherschutzverbänden, NGO’s und einer Politik, die willig Forderungen in neue, häufig schärfere Rechtsvorschriften umsetzt, noch führen? Und verbleibt für den mündigen Bürger überhaupt noch Entscheidungsspielraum? Und all diese Diskussionen, obgleich schon der griechische Philosoph Plutarch (45–125 n. Chr.) wusste, dass Bier unter den Getränken das Nützlichste, unter den Nahrungsmitteln das Angenehmste und unter den Arzneimitteln das Schmackhafteste ist.

Robert Scholz, Rechtsanwalt
Geschäftsführer, Bayerischer Brauerbund e.V., München

 
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