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BB 2019, 149
 

Im Blickpunkt

Abbildung 11

Die EU-Kommission hat sich am 15.1.2019 für die schrittweise Abkehr von der Einstimmigkeit in der EU-Steuerpolitik ausgesprochen (Mitteilung der EU-Kommission COM(2019) 8 final, ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/decision-making-eu-tax-policy_de). Oftmals könne, so die Kommission, bei wichtigen Steuerinitiativen keine Einstimmigkeit erzielt werden, und wenn doch, führe sie ggf. zu kostspieligen Verzögerungen und suboptimalen politischen Ergebnissen. Dem Vorschlag liegt ein Vier-Stufen-Plan zugrunde: Zunächst soll die Möglichkeit geschaffen werden, mit qualifizierter Mehrheit Regelungen gegen Steuerflucht und Steuervermeidung sowie zum Abschluss einschlägiger Abkommen mit Drittstaaten durchzusetzen (Schritt 1). Anschließend soll die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit als Instrument für die Durchführung von steuerpolitischen Maßnahmen eingesetzt werden, die anderen politischen Zielen zugutekommen, z. B. der Bekämpfung des Klimawandels, dem Umweltschutz oder der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit (Schritt 2). In einem weiteren Schritt soll die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit die Modernisierung bereits harmonisierter EU-Vorschriften, etwa im Bereich des Mehrwertsteuer- oder Verbrauchsteuerrechts, voranbringen (Schritt 3). Abschließend soll auch bei großen Steuerprojekten wie der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit übergegangen und ein neues System zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft eingeführt werden (Schritt 4). Für eine qualifizierte Mehrheit müssen 55 % der Mitgliedstaaten zustimmen, die mindestens 65 % der EU-Gesamtbevölkerung repräsentieren. Dieser Vorschlag stößt auf geteiltes Echo: dagegen sprachen sich Irland, Schweden, Malta und Zypern aus; dafür Frankreich, Spanien, Italien und Portugal. Die übrigen Staaten äußern sich zurückhaltend (s. auch FAZ vom 15.1.2019, 15). Die Regierungskoalition in Deutschland unterstützt grundsätzlich Mehrheitsentscheidungen, mahnt aber gerade in der Steuerpolitik zur Vorsicht, da die EU sonst neue Steuern schaffen oder die Ausgestaltung bestehender stark prägen könnte. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Allerdings müsste der Vorschlag einstimmig beschlossen werden, was angesichts der Gegner dieser Maßnahme wohl nur schwer realisierbar sein dürfte.

Udo Eversloh, Ressortleiter Steuerrecht

 
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