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BB 2025, 917
 

Im Blickpunkt

Abbildung 8

Die Besteuerung der Kapitalerträge mit 25 % Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer, landläufig als Abgeltungsteuer bezeichnet, steht immer mal wieder in der Kritik. Derzeit bei den laufenden Koalitionsverhandlungen ist das Thema von der SPD adressiert. So fordern die SPD-Unterhändler einen höheren Steuersatz. Der Steuersatz von 25 % sei zu niedrig, er müsse auf 30 % erhöht werden. Argumentiert wird mit einer nicht gerechtfertigten Sonderbesteuerung von Kapitaleinkünften gegenüber Arbeitseinkommen. Aber werden Kursgewinne, Dividenden und Zinsen tatsächlich verschont besteuert? Wird nur der reine Steuersatz betrachtet, so kann der Eindruck entstehen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Zur ganzen Wahrheit gehört zunächst, dass bei den so besteuerten Einkünften der Werbungskostenabzug nicht möglich ist. Die Besteuerung ist damit eine Definitivbesteuerung, die auf die Einnahmen ohne Abzug von Werbungskosten zurückgreift. Ausgeblendet wird ebenfalls die Steuerbelastung auf Ebene des Unternehmens, die die Dividenden ausschüttet. Ausweislich des Monatsberichts des BMF März 2025 betrug das Gesamtaufkommen der Abgeltungsteuer 2024 ca. 8,4 Mrd. Euro. Sie trug mit 1,9 % an den Gesamtsteuereinnahmen auf Bundesebene bei. Gleichbleibende Erträge unterstellt und eine Erhöhung des Steuersatzes um fünf Prozentpunkte auf 30 %, führten dann zu Mehreinnahmen von ca. 1,6 Mrd. Euro. Vergessen werden darf nicht, dass die Einnahmen dieser Einkunftsart nicht statisch sind. Es handelt sich vielmehr um volatile Einkünfte im Hinblick auf den Kapitalmarkt (Zinsen) und Gewinne der Unternehmen (Dividenden). Es kann daher gut sein, dass die Mehreinnahmen deutlich niedriger sind. Sind die negativen Effekte als Kollateralschaden die Erhöhung wert? Wohl kaum. Zur vermeintlichen Steuergerechtigkeit trägt die Erhöhung nicht bei. Arbeitseinkommen wird immer noch gleich hoch besteuert. Zudem wird dem Kapitalmarkt ein Bärendienst erwiesen, die Aktienkultur leidet. Wird der jüngeren Generation nicht empfohlen, für das Alter mittels dritter Säule, der privaten Kapitalanlage, vorzusorgen, zahlt sie, gemessen an den Effekten, einen hohen Preis.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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