Berrit Roth: Corporate Social Responsibility (CSR) in der Volksrepublik China
Das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) erfreut sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit. Unternehmen werben mit ihrer Unternehmensverantwortung, unterschreiben Standards wie etwa den Global Compact der Vereinten Nationen oder erlassen unternehmensinterne Verhaltenskodizes für ihre Zulieferer (dazu jüngst u. a. Kaltenborn/Norpoth, RIW 2014, 402).
In die Volksrepublik (VR) China gelangte das CSR-Konzept durch internationale Firmen, die CSR-Anforderungen an ihre chinesischen Zulieferer formulierten. Mittlerweile engagiert sich auch die deutsche Regierung wie etwa bei einem von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit betreuten Projekt zwischen dem chinesischen Handelsministerium und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (siehe unter: http://www.giz.de/de/weltweit/15557.html [abgerufen am 8.9.2014]). Nachdem CSR in China zunächst skeptisch als Protektionsmaßnahme westlicher Staaten wahrgenommen wurde, wird es mittlerweile von politischer Seite gelobt. Es konnte das in der Reformära unter Deng Xiaoping in den 1980er Jahren an Legitimation verlierende System „Unternehmen sorgen für die Gesellschaft“, bei dem die Versorgung der Gesellschaft von der Wiege bis zur Bahre von den Unternehmen geschultert werden musste, ablösen.
Folge hiervon ist, dass CSR heutzutage zunehmend eine rechtliche Verankerung erfährt. Neben einzelnen Bestimmungen, etwa im Arbeits- oder Umweltrecht, fand CSR durch eine am 1.1.2006 in Kraft tretende Reform Eingang in das chinesische Kapitalgesellschaftsgesetz. In dessen neuem § 5 Abs. 1 werden Kapitalgesellschaften aufgefordert, gesellschaftliche Verantwortung zu tragen. Diese Vorschrift fungiert als Ausgleich für die im Zuge der Reformära aus den USA stark rezipierte Shareholder-Value-Theorie. Weitere Berücksichtigung erfährt CSR durch den chinesischen Corporate-Governance-Kodex, der von der chinesischen Wertpapieraufsichtskommission am 7.1.2002 zur Regulierung börsennotierter Gesellschaften erlassen wurde. Ebenfalls viel zitiert wird eine im Jahr 2007 erlassene Richtlinie der Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens, durch die Staatsunternehmen unter der Kontrolle der Zentralregierung zu mehr Unternehmensverantwortung angehalten werden.
Über diese inhaltlichen Pflichten hinaus gibt es eine CSR-Berichterstattung. Hier sind insbesondere die Berichterstattungspflichten der chinesischen Wertpapierbörsen in Shanghai und Shenzhen erwähnenswert (vgl. Shenzhen-Börse, Guide on Listed Companies’ Social Responsibility, vom 25.9.2006; Shanghai-Börse, Guide on Environmental Information Disclosure for Companies listed on the Shanghai Stock Exchange und Disclosure for Companies listed on the Shanghai Stock Exchange und die Notice on Strengthening Social Responsibility of Listed Companies,vom 14.5.2008). Neben diesen Veröffentlichungspflichten ist bemerkenswert, dass bereits im Jahr 2010 circa 24% der in der VR China tätigen nicht-börsennotierten Unternehmen CSR-Informationen veröffentlichten (siehe unter: http://www.cass-csr.org/index.php?option=com_content&module=30&sortid=44&artid=300 [abgerufen am 26.9.2013]). Diese Entwicklung wird von dem chinesischen Think Tank Chinese Academy of Social Sciences gefördert (dazu B. Roth, ZChinR 2104, 121).
Zuletzt rückten ausländische Unternehmen wie BMW, Fonterra oder Apple in den Fokus von CSR-Kritikern (vgl. Zadek, Does China's crackdown on corporate wrongdoing mark the arrival of CSR? Guardian Professional, 13.8.2013, unter: http://www.theguardian.com/sustainable-business/china-corporate-social-responsibility [abgerufen am 8.9.2014]). Ob diese Kritik berechtigt oder Folge einer ungerechten Form chinesischer Industriepolitik war, ändert nichts an der Tatsache, dass ausländische Unternehmen potenziellen Kritikern keine Angriffsfläche bieten sollten. Für deutsche Unternehmen, die in der VR China Geschäfte tätigen möchten, bedeutet dies, dass sie eine CSR-Strategie entwickeln bzw. eine schon bestehende verstärkt betonen sollten.
(Die Autorin ist Doktorandin am Heidelberger Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht und Empfängerin eines Promotionsstipendiums der Konrad-Adenauer-Stiftung.)